Gedanken zur Herbstwahl 2019

Zunächst möchte ich allen Menschen danken, die sich politisch bemühen, unser friedliches Miteinander zu organisieren, die sich tagtäglich mutig in der Öffentlichkeit mit einer Meinung positionieren und manches Mal auch dafür Schelte beziehen. Und letztendlich ist jeder einzelne Mensch mit seinem Tun und Lassen in der sozialen Gemeinschaft ein Teilchen des gesamten politischen Puzzles. Auch wenn in unserer Demokratie das Mehrheitsprinzip den Sieger kürt, so sollte dieser die oppositionellen Meinungen doch im Auge behalten. Dies sträflich vernachlässigend fuhr die große Koalition auf Bundesebene in all den letzten Jahren Mantra predigend ihren alten Wirtschaftswachstums-Stil weiter, obwohl ihre Anhängerschaft stetig schrumpfte und abwanderte: Zunächst still und leise in die große Schar der Nichtwähler und nun seit den gestrigen Landeswahlen in Brandenburg und Sachsen laut und sichtbar als ein Teil des sich am rechten Rand präsentierenden Sammelbeckens der AfD. Dass aktuell die beiden Wahlsiegerparteien SPD in Brandenburg und CDU in Sachsen mindestens zwei Koalitionspartner benötigen, um zu regieren, zeigt, dass ein ernsthaftes Zusammenrücken unserer zersplitterten Gesellschaft notwendig geworden ist. Möglicherweise kann dieses bewirken, dass auch die großen Wahlsiegerparteien endlich begreifen, dass es in unserer Welt schon lange nicht mehr um ein ungehindertes Wirtschaftswachstum geht, wo das sogenannte betriebswirtschaftliche Denken über die volkswirtschaftliche Vernunft dominiert, indem es die individuelle Kosten/Nutzen-Rechnung eines Unternehmens, egal welcher monströsen Größe über alles andere stellt: Uber Tier- und Pflanzenwelt, über natürliche Ressourcen, über Klimaerhalt, über Nachhaltigkeit, über soziale Gerechtigkeit in der menschlichen Gesellschaft und somit ständig und überall auf der Welt schwelende und offene Kriegsherde schürt. Zur Tarnung gibt es dann für das zu hofierende Wirtschaftswachstum Subventionen und staatliche Zertifikate für angeblich umweltfreundliche Produktionen, die zum Teil außerhalb von Europa stattfinden, weil hier zu teuer, angepriesen mit Hochglanzwerbung und Suggestion, auf Mengenrabatt zu kaufen, egal, ob man die Großpackung benötigt oder nicht und mit der moralischen Aufforderung an den Verbraucher in den Medien, er solle die Müllflut der verursachenden Wirtschaft doch endlich mit seinem geläuterten Kaufverhalten eindämmen. Solch eine Politik ist nicht mehr zeitgemäß.

 

Und wie im Großen so im Kleinen: Frieden im weitesten Sinne gibt es nur im Einklang von Natur und Mensch. Das breite Aktionsbündnis aller Parteien in der Gemeinde Mühlenbecker Land im Kampf für einen neuen Fahrradweg entlang der L21 bei den bisherigen beiden Fahrraddemos stimmt hoffnungsvoll. Nur mit einer neuen politischen Prioritätensetzung für umfassenden regionalen Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit, was natürlich teilweise Einschränkungen einiger individuellen Gewohnheiten bedeutet und vor allem Umdenken erfordert, werden wir verhindern können, dass wir im sogenannten „Speckgürtel“ von Berlin nicht zur Schlaf- und Pendelenklave der Großstadt verkommen: Den Stopp des Autobahnausbaus haben wir allesamt verschlafen. Dieser Autobahnausbau wird uns keine Lebensqualität schenken, im Gegenteil. Dies und die gestrige Wahl sind für mich Anlass, andere Dinge zu überdenkend, die vielleicht auf den ersten Blick Empörung hervorrufen aber auf den zweiten nicht von der Hand zu weisen sind: z.B. Einführung von Halteverbot vor allen Schulen, wie es eine Schule in Hohen Neuendorf bereits erfolgreich gegen das verursachte Verkehrssicherheitsrisiko der Elterntaxis durch gesetzt hat; massive Baumpflanzungen vor Schul- und Kitafassaden, anstatt vollgepflasterter Höfe oder überhitzter Sandflächen; Kontrolle der gesetzlich zugelassenen Versiegelungsflächen auf Privatgrundstücken und keine Zulassung zugepflasterter oder baumrindenverschütteter Vorgärten. Alleenerhalt- und Baumbepflanzungen bei jeder Straßensanierung und Parkflächen als gesetzliche Auflage, keine Zulassung von Straßenneubau. Vehemente Einschränkung des individuellen Autoverkehrs, Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ohne Hofieren des individuellen Autoverkehrs als Zubringer mit riesigen Parkhäusern, anstatt dessen wenige kostenpflichtige Kurzzeit-PKW-Parkflächen. Ausbau eines dichten und sicheren Fahrradwegnetzes. Schaffung von Kochküchen in allen Kitas und Schulen für frisch gekochtes Mittagessen. Massive Förderung von Kunst und Kultur in Form von Honoraren und nicht Material und Technik. Abschaffung der erpressten Bittstellerei von und Almosenverteilung an Kulturschaffende, Mietfreie Nutzung von Schulen und anderen Gemeinderäumen für schul- und öffentliche Kultur- und Bildungsangebote. Mietdeckelung für Mieten und Abschaffung gewerblichen Leerstands zur Nutzung kleiner gewerblicher Boutiquen, Cafés oder anderer Angebote. Möglicherweise erhebt sich jetzt eine Protestwelle über so viel Wunschdenken. Ich selber fahre auch Auto, aber wenn es irgendwie geht, bevorzuge ich das Fahrrad, um zur Arbeit zu fahren, um einzukaufen, diese Landschaft zu genießen, die kleinen Dinge am Wegesrand zu sehen, um viel dichter am örtlichen Geschehen zu sein, um mit Kinderaugen das selbst verursachte Leiden der Erwachsenen erspähen zu können und zu fühlen und Euch zu schreiben, wie schön es hier ist.